Kultur
Zur Sache – An welchen Dingen hängt Ihr Herz und warum? (So)
Welche Bedeutung schreiben Sie Dingen zu? Gibt es ein Lieblingsstück, an dem Ihr Herz hängt? Wenn Menschen keine Worte finden, da sie von Emotionen überwältigt oder traumatisiert sind, sprechen manchmal die Gegenstände für sich. In der 28. Ausgabe des Magazins von kubia (Kompetenzzentrum für Kulturelle Bildung im Alter und inklusive Kultur) geht es um die Rolle der Dinge in der Kulturgeragogik. Alltagsgegenstände, Kleidungsstücke oder Fotografien können Erinnerungen wecken, Menschen zum Erzählen bringen und Verbindungen schaffen.
Welche Erinnerungen mit bestimmten Gegenständen verknüpft sind, wie sie erzählt, aufgeschrieben und als kleine Szene auf die Bühne gebracht werden können, dazu lädt der Kurs „SzenenWechsel“ im ebw an drei Mittwochen ab dem 05. November ein. Sie schöpfen aus der Fülle Ihrer Lebensgeschichten und werden durch kreatives Schreiben, Stegreiferzählen, Collagen und den Biografiekoffer für das autobiografische Theater inspiriert.
https://www.ebw-muenchen.de/veranstaltungen/szenenwechsel-3/
Leitfaden zu demenzsensiblen Kunstvermittlungsangeboten in Museen (So)
Wie gelingt es, an Demenz erkrankten Menschen und ihren Angehörigen im Museum ein gemeinsames Kunsterlebnis zu ermöglichen?
In München werden Führungen für Menschen mit Demenz und ihren BegleiterInnen in entspannter Atmosphäre vor ausgewählten Werken der Pinakothek der Moderne seit neun Jahren im Projekt „KunstZeit“ angeboten.
Wissenschaftlich untersucht hat die Medizinische Fakultät der Technischen Universität Dresden von 2022 bis 2025 die Patientengesundheit durch Teilhabe und bedarfsgerechte Museums-Angebote für Demenzbetroffene und deren pflegende Angehörige. Die Ergebnisse der Untersuchung im Projekt „Erinnerungs_reich – Museen als Medizin für Menschen mit Demenz“ zeigen, dass Museumsbesuche nachweislich depressive Symptome von Menschen mit Demenz reduzieren und das Wohlbefinden der Angehörigen verbessern. Der 52-seitige Leitfaden bietet neben dem Ablauf und der Durchführung von Führungen auch einen Überblick über die Demenz und den Umgang mit herausfordernden Situationen.
https://www.musenkuss-muenchen.de/angebote/kunstzeit-fuehrungen-fuer-menschen-mit-demenz
https://tu-dresden.de/med/mf/ame/ressourcen/dateien/Erinnerungs_reich-Druck.pdf?lang=de
Was stammt von der Tomate ab? (RL)
Vor etwa acht bis neun Millionen Jahren entwickelte sich die Tomate zur Kartoffel, ohne sich selbst zu verlieren. Eine Studie im Fachjournal Cell erklärt, wie dies geschah. Die Urtomate war vermutlich gelangweilt und kreuzte sich mit einer anderen alten Pflanze, Etuberosum. Gemeinsam bildeten sie eine Knolle. Heute wachsen Kartoffeln aus Mutterknollen und mutieren manchmal zu giftigen Pflanzen. Sanwen Huang vom Agricultural Genomics Institute in Shenzhen, China, will diese Mutationen stoppen, indem er eine Hybridkartoffel entwickelt und Samen statt Knollen pflanzt, um genetisch stabilere Kartoffeln zu züchten. Dies ist nur möglich, weil wir jetzt wissen, dass Kartoffeln zur gleichen Pflanzengattung wie Tomaten, aber auch Auberginen und Paprika gehören. Deswegen existieren schon Pflanzen, die beides sind (TomTatos oder Tomoffel), es ist eine Revolution!
https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/die-geburt-der-knolle
Lieber See, Adé (RL)
Eins steht fest: Die Erde bewegt sich ständig – und mit ihr der Aralsee. Doch die Menschen sind dafür verantwortlich, dass der Verlust von 1000 Milliarden Tonnen Wasser im Aralsee den Erdmantel belastet. Weil viele Menschen ihre vielen Felder intensiv bewässern, trocknet der See aus. Durch die abnehmende Wasserlast hebt sich der Boden des Sees um sieben Millimeter pro Jahr. Das klingt wenig, ist aber enorm. Steine gleiten langsam unter den Seeboden und heben die Erdkruste an. Die Forschenden wissen noch nicht, ob der Grundwasserspiegel davon betroffen ist. Was die Menschen verursacht haben, ist tragisch und zugleich wertvoll für die Forschung. Diese erhält die Gelegenheit, menschlich ausgelöste geologische Prozesse im oberen Erdmantel zu studieren und besser zu verstehen. Ob das uns tröstet?
https://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Boden_unter_dem_Aralsee_hebt_sich1771015591047.html
Die Shoah bleibt nah (RL)
Das Jüdische Museum München zeigt in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Wien eine Ausstellung über das Gedächtnis, das über Generationen hinweg weitergegeben wird. Verblasst 80 Jahre nach der Shoah das historische, gesellschaftliche und familiäre Gedächtnis mit der Zeit oder wird es stärker? Achtzig Jahre nach der Shoah beschäftigt sich die Ausstellung „Die Dritte Generation. Der Holocaust im familiären Gedächtnis“ mit transgenerationalen Traumata und dem emotionalen Vermächtnis der Überlebenden. Sie greift dringliche Fragen auf: Wie Zeitzeugen und Zeitzeuginnen ihre Geschichten und Traumata an ihre Kinder und Enkelkinder weitergegeben haben und was an Erinnerungen bleiben wird, wenn kaum noch Zeitzeugen und Zeitzeuginnen da sind und direkt von ihren Erlebnissen berichten?
https://www.juedisches-museum-muenchen.de/ausstellungen/die-dritte-generation
Das Fett rettet (RL)
Die Neandertaler wussten bereits vor 125.000 Jahren, wie man Fett aus Knochen gewinnt. Ein Forschungsteam hat im Neumark-Nord im Tal der Geisel (Sachsen-Anhalt) nachgewiesen, dass sie Knochen von mindestens 172 großen Säugetieren, wie Hirschen oder Pferden, zerkleinerten und in Wasser erhitzten. Dies zeigt: Sie planten und handelten vorausschauend. Es deutet auch darauf hin, dass die Neandertaler viel fortschrittlicher waren, als ursprünglich angenommen. Sie waren in der Lage, komplexe Ernährungsstrategien und eine ausgeklügelte Nutzung von Tieren zu entwickeln. Man muss schon darauf kommen, dass sich Fett aus Knochen durch Erhitzen in Wasser gewinnen lässt. Sie hatten sich zudem einen speziellen Ort dafür ausgesucht. Dort fand das Forschungsteam neben den Knochenfragmenten mehr als 16.000 Feuersteinwerkzeuge. Ziemlich schlau, unsere Vorfahren!